Es wird ja viel diskutiert über die Vor- und Nachteile von Neujahrsvorsätzen. Die allgemeine Meinung ist wohl, dass sie alles nichts bringen, da man sie in der Regel spätestens am zweiten Januar bereits alle gebrochen hat. Das Problem ist dabei wahrscheinlich, dass die meisten Vorsätze ähnlich wie Punkte auf To-Do-Listen in der Regel viel zu allgemein gefasst sind. „Abnehmen“ lässt sich als Vorsatz halt deutlich schwerer umsetzen als „Pro Woche mindestens einmal für eine Stunde spazieren gehen“. Messbare Ziele usw., ihr wisst schon.
Worauf ich eigentlich hinaus will ist, dass ich bisher nie meine Vorsätze auch nur ansatzweise umgesetzt habe, und das zum einen aus genau den Gründen, die ich oben beschrieben habe. Zum anderen aber auch deshalb, weil die letzten Jahre bei mir immer anders verliefen, als ich das zu Beginn jeweils dachte. Nach meinem Empfinden wird jedes neue Jahr immer intensiver und erlebnisreicher als das Vorjahr. Das meine ich erstmal ganz neutral. Es gab Jahre, die ich in guter Erinnerung habe und Jahre, die sich nicht so prickelnd angefühlt haben. Interessanterweise empfinde ich gerade auch die schlechten Jahre als sehr wichtig und will sie auf keinen Fall vergessen. Denn sie haben mein Leben entscheiden geprägt. Wenn ich heute jedes Jahr als intensiver empfinde, dann beginnt diese Entwicklung mit den Krisenjahren. In ihnen habe ich begonnen den Status Quo zu hinterfragen, was die eigentliche Krise ausgelöst hat. Dank dieser Fragen bin ich heute an diesem aufregenden Ort, geistlich, beruflich, freundschaftlich und gedanklich.
Es ist purer „Zufall“, dass große Veränderungen in meinem Leben genau mit dem letzten Jahreswechsel zusammen gefallen sind und sich deshalb 2007 schon jetzt komplett anders anfühlt als 2006. Ende letzten Jahres habe ich meine Zusammenarbeit mit der Agentur in Berlin beendet. Nach einem längeren Gespräch mit dem Chef dort war relativ klar, dass ich nicht der passende Mann für den Job bin, den besetzen wollten. Sie wollten einen waschechten Projektmanager, der Projekte durchplant, Aufgaben delegiert und den Programmierern Dampf macht, wenn die trödeln. Nach viel Nachdenken und Zurückblicken auf meine Arbeit in den letzten Jahren musste ich mir eingestehen, dass ich das einfach nicht kann. Ich funktioniere nicht in einem hierarchischen System, wo Verantwortung immer weitergegeben wird. Ich kann niemanden zur Sau machen, wenn er Mist baut. Ich funktioniere viel mehr in Teams von gleichberechtigten, wo jeder mit gleichem Interesse bei der Sache ist und es keine Diskrepanz gibt zwischen Beteiligten, die das ganze als Job sehen und Beteiligten, die das ganze als ihr Projekt sehen.
Nachdem die Entscheidung gefällt war war ich doch überrascht, wie krass sie sich anfühlte. Eigentlich hatte ich mich doch selbstständig gemacht, um nicht ausschließlich für eine Firma zu arbeiten, flexibel zu sein, Zeit für andere Ideen und Projekte zu haben. Irgendwie hatte es sich eingeschlichen, dass ich im Herbst fast ausschließlich für die Agentur gearbeitet hatte und sie auch dadurch zu meinem zentralen Geldgeber geworden war. Die Entscheidung dort aufzuhören wurde damit auch zu einer finanziellen Frage und allein das war für mich schon ein klarer Hinweis, dass hier etwas ganz anders lief als geplant. Es wurde mit jeder Überlegung klarer, dass diese Phase zuende gehen musste und so flog ich kurz vor Weihnachten das vorerst letzte Mal von Berlin nach Hause.
Schreibe einen Kommentar