Neue Arbeitsplätze müssen her. Da sind sich die Politiker aller Lager einig. Klar, der Wähler erwartet das. Er fühlt geradezu einen Anspruch auf die Möglichkeit zu arbeiten. Was sich aber kaum ein Politiker öffentlich zu fragen traut: Was, wenn das einfach irgendwann nicht mehr möglich ist?
Durch den technologischen Fortschritt werden Arbeitsplätze obsolet und fallen weg. Das war schon immer so. Bisher hat der Fortschritt aber immer genug neue Arbeitsplätze geschaffen. Darauf beruhen unsere Planungen. Wer in seinem erlernten Beruf keine Arbeit mehr findet, der muss halt umschulen.
Was aber, wenn der technologische Fortschritt mit einer Geschwindigkeit und in eine Richtung passiert, in der mehr Arbeitsplätze überflüssig als neue geschaffen werden können?
### Keine neuen Arbeitsplätze
> “Technology is no longer creating new jobs at a rate that replaces old ones made obsolete elsewhere in the economy.”
–The Economist
Genau das beobachtete der Economist in einem Artikel im Jahr 2011 und war damit bei weitem nicht der erste. Konkret geht es darum, dass in immer mehr Bereichen auf einem stetig zunehmenden Level, Maschinen in der Lage sind, Menschen zu ersetzen. Insbesondere in der Softwareentwicklung, aber bei weitem nicht nur dort, entstehen Ansätze, um uns auch in Bereichen abzulösen, in denen wir uns bisher sicher fühlten.
> “In the years ahead, more sophisticated software technologies are going to bring civilisation ever closer to a near-workerless world.”
–Jeremy Rifkin, The End of Work, 1995
Börsenmakler werden durch Programme ersetzt, die in Sekundenbruchteilen tausende von Geschäften durchführen können. Die Erfahrung und die Intuition der Makler wird durch die Schnelligkeit und Analysefähigkeit von Algorithmen ersetzt. Der Economist-Artikel führt als weiteres Beispiel auf, wie die Arbeit von Anwälten in Zukunft von Programmen abgelöst werden könnten, die in Windeseile Gesetzestexte durchforsten und Zusammenhänge herstellen können.
### Kevin Kelly: Better Than Human
Nun hat sich Kevin Kelly vom Wired Magazin des Themas (einmal mehr) angenommen und in der Titelgeschichte der letzten US-Ausgabe ausführlich beschrieben, was aus seiner Sicht auf uns zu kommt.
> “It may be hard to believe, but before the end of this century, 70 percent of today’s occupations will likewise be replaced by automation. Yes, dear reader, even you will have your job taken away by machines. In other words, robot replacement is just a matter of time. This upheaval is being led by a second wave of automation, one that is centered on artificial cognition, cheap sensors, machine learning, and distributed smarts. This deep automation will touch all jobs, from manual labor to knowledge work.”
–Kevin Kelly, Wired: Better Than Human, 2012
Unser Instinkt mag uns dazu verleiten, gegen den Fortschritt zu wettern und wie die Maschinenstürmer gegen ihn anzukämpfen. Bringen wird es wenig. Es ist bisher noch niemandem geglückt, die Zeit zurück zu drehen. Fortschritt lässt sich nicht aufhalten. Aber er lässt sich gestalten. Und genau deswegen ist es meiner Sicht so wichtig, dass wir die Situation bewusster wahrnehmen und den Diskurs voran treiben, wie wir leben wollen, wenn Maschinen weitgehend unsere heutige Arbeit übernommen haben.
### Wie wollen wir leben?
Kevin Kelly und der Economist sind sich übrigens einig, dass es in Zukunft darauf ankommt, mit den Maschinen zusammen zu arbeiten. Wir müssen in eine Art Symbiose mit ihnen treten. Und wie der Economist dabei feststellt, werden wir dabei besser verstehen, was uns als Menschen ausmacht und welche unser Fähigkeiten uns einzigartig machen.
Das sind die Fragen, die mich interessieren: Wie verändert sich unsere Identität, wenn unsere Arbeit nicht mehr Kern unseres Lebens ist? Wie wird sich die Wirtschaft verändern, wenn man kein Geld mehr verdienen kann? Wie wollen wir leben? usw.
### Zwei Szenarien der Zukunft
Diese Fragen stellt sich auch Marshall Brain in seinem (kurzen) Amazon ebook *Manna: Two Visions of Humanity’s Future*. In Form von typischer Szenarioplanung beschreibt er in zwei Extremszenarien, wohin diese Entwicklung führen könnte und zeigt damit vor allem auf, dass wir früh über die Konsequenzen eines gewählten Weges nachdenken sollten.
*Dieser Artikel ist als eine Art Eröffnung gedacht, in dem ich verschiedene Quellen zusammenführen wollte, die mir in den letzten Jahren zu dem Thema aufgefallen sind. Ich bin sehr an Ergänzungen (Tipps für Artikel und Bücher sowie Meinungen und Gedanken) zu diesem Thema interessiert.*
### Links ###
* The Economist: [Difference Engine: Luddite legacy][1]
* Wired: [Better Than Human: Why Robots Will — And Must — Take Our Jobs][2]
* Marshall Brain: [Manna: Two Visions of Humanity’s Future][3]
[1]: http://www.economist.com/blogs/babbage/2011/11/artificial-intelligence
[2]: http://www.wired.com/gadgetlab/2012/12/ff-robots-will-take-our-jobs/all/
[3]: http://marshallbrain.com/manna1.htm
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