Es ist schwer, verdammt schwer. Wenn ich höre und sehe, was z.B. die letzten Tage und vor allem Nächte in London passiert ist, fange ich an, nach Erklärungen zu suchen, um das Unverständnis zu kanalisieren. Die Kürzungen der Jugendclubs sind schuld. Oder vielleicht doch Werbung und Kapitalismus? Die Arroganz und Weltfremdheit der Politik? Twitter und Blackberrys? Alles ein bisschen?
Die Welt ist komplex, unglaublich komplex. Kein Wunder, dass wir nach einfachen Lösungen suchen, um uns nicht völlig ohnmächtig zu fühlen. Ich habe dafür vollstes Verständnis. Ich mache es selbst ständig. Das Problem ist, dass einfache Erklärungen zwar kurzfristig befriedigen aber langfristig auf die falschen Lösungswege führen. Wie [H.L.Mencken](https://secure.wikimedia.org/wikipedia/de/wiki/H._L._Mencken) sagte:
> For every complex problem, there is a solution that is simple, neat and wrong.”
Wir stehen uns dabei selbst im Weg, weil wir glauben, wir hätten die Erklärung gefunden und weichen von dieser Position nicht mehr ab und verhindern so einen produktiven Diskurs um eine wirkliche Lösung. Im Angesicht der Komplexität überschätzen wir uns mit unserem Wissen und unserer Einsicht selbst ständig.
[Tim Harford](http://timharford.com/), Ökonom und Autor, nennt das den “God Complex”, den er in seinem sehr sehenswerten TED Talk beschrieben hat.
Unsere Position aufzugeben, bedeutet mit der Unsicherheit und der Erkenntnis, nicht alles sofort durchschauen zu können, konstant leben zu müssen.
Auch wenn es enorm anstrengend und unangenehm ist; wir sollten uns konstant dazu anhalten, die Lösungsansätze, die wir definieren, als ständige Experimente statt unumstößliche Wahrheiten zu betrachten. In dem Moment, in dem ich eine Erklärung als gegeben und sicher ansehe, sollten bei mir alle Warnlampen angehen. Weniger vorschnelle Meinung, unreflektiertes Retweeten, Schuldzuweisungen, Emotion. Mehr offener Diskurs, Beobachtung, Perspektivenwechsel, Gedankenexperimente, Was-wäre-wenn-Szenarien. Durchatmen.
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