Das beliebteste Mem in der deutschen Blogosphäre ist ja derzeit ein Tokio-Hotel-Posting. Durch die hohe Bewertung von Google für Blogs landen die kindlichen Fans bei dem Beitrag und kommentieren wie wild. Als normaler Blogleser verfolgt man dann halb belustigt halb verstört das ganze Ausmaß von pupertierend pubertierender Begeisterung und freut sich über steigende AdSense-Einnahmen. Beispiele hier, hier und hier.
Ich finde das ganze derzeit mehr alamierend als lustig. Ich bin ja dank vier kleiner Schwestern, in einem boygroup-affinen Umfeld aufgewachsen. Aber das hielt sich alles in Grenzen. Was hier mitlerweile läuft, ist ein ganz anderes Level und zeigt, wie sehr Kinder heutzutage von Medien bestimmt werden und dabei einen völligen Realitätsverlust erleiden. In unzähligen Kommentaren findet man Adressen, E-Mail-Adressen und Handynummern, weil die Kids scheinbar tatsächlich glauben, dass die irgendwie bei der „Band“ landen könnten. Wer also Telefonnummern von minderjährigen Mädels sammelt, braucht nur nen Blog. What the fuck?
Eigentlich würde ich hier gerne einen sarkastischen Spruch über die kurze Lebensdauer von Retortenbands bringen, und mich über die Kids lustig machen. Ich könnte fragen, was mich diese Kids interessieren und mich um meinen eigenen Scheiß kümmern. Stattdesen werde ich gerade stinksauer, wenn ich sehe, mit welcher Macht die Medien und die Industrie aus den Kids willige Konsumroboter macht. Ich hatte ja irgendwann mal gehofft, dass sich das Konzept der Boygroups ausgelaufen hat und heute das jeder durschauen würde. Im Gegenteil, es wird immer schlimmer.
Und in mir brennt mehr denn je der Wunsch danach, irgendwelches Zeug zu machen, dass den Kids Medienkompetenz vermittelt. Seminare, Medienwerkstätte, Unterrichtseinheiten, öffentliche Fernseherverbrennungen, ich hab keine Ahnung. Nur nicht mehr zusehen…
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