90 Prozent meiner Arbeit als selbstständiger Webworker besteht in der Kommunikation mit Kunden und Partnern. Telefongespräche, E-Mails, Chats und persönliche Gespräche bilden den Kern meines Arbeitsalltags. Ständig bin ich mit einer großen Anzahl an Leuten gleichzeitig am kommunizieren. Leider verliere ich dabei viel zu häufig den Überblick. Muss ich Kunden XY noch was schicken oder warte ich gerade auf seine Antwort? Hat Partner YZ schon konkret die Preise für Projekt ZY genannt oder wartet er auf Details von mir? Immer wieder ist es mir im letzten Jahr (hab neulich überrascht festgestellt, dass ich inzwischen mein erstes Jahr im Beruf und als Selbstständiger überstanden habe) passiert, dass ich Dinge verpeilt oder versaut habe, weil mir der Überblick fehlt. Meine GTD-Listen helfen mir ein bisschen, aber sie enthalten ausschließlich nächste Schritte, ein aktueller Status lässt sich nur schwer herauslesen.
Richtig kompliziert wird es, wenn man mit mehreren Leuten zusammenarbeitet und dann mit Kunden kommuniziert. Hast du mit XY schon gesprochen wegen bla? Wieso hast du YZ den Preis gesagt, ich hatte doch diesen Preis genannt? Für solche Dinge haben wir in der Regel versucht Basecamp einzusetzen. Allerdings hat sich die Projektorientierung von Basecamp meist als praxisfern erwiesen. Häufig gehen Projekte direkt in einander über. Oder es kommt nie zu einem Projekt. Dazu sind Projekte teuer, wenn man in Basecamp für jeden Lead eines anlegt. Und in der Regel habe ich fast immer nur mit einer Person zu tun. Die findet es dann meist komisch, wenn ich ihr einen extra Zugang zu nem komischen System gebe, wenn man auch einfach Mail nutzen kann.
Für solche Problemstellungen wird in der Regel Customer-Relationship-Management-Software (CRM) verwendet. Diese ermöglicht es genau festzuhalten, was man mit einem Kunden besprochen hat, wie der Status ist und wer gerade im Kontakt mit dem Kunden steht. CRMs sind allerdings in der Regel große, komplexe und sehr teure Softwarepakete, die für den Vertrieb und den Service von größeren Unternehmen entwickelt wurden. Ein MircoCRM, wie ich es bräuchte, in dem ich einfach nur meine verschiedenen Kontakte verwalten und mit Notizen ergänzen kann, gab es bisher nicht.
Ich weiß gar nicht mehr genau wann, aber irgendwann zu Beginn des letzten Jahres haben die Jungs von 37signals angekündigt, dass sie sowas bauen wollen. Seitdem ist verdammt viel Zeit vergangen und meine Geduld wurde arg strapaziert. Ich glaube, ich habe noch nie so sehr den Launch einer Webapplikation herbei gesehnt, wie diesen.
Nun ist es endlich soweit. Gestern wurde Highrise gelauncht, nachdem die Wochen zuvor schon die meisten Features und Funtkionsweisen vorgestellt wurden (Lesetipp 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7 und 8). Ich bin sehr, sehr angetan. Spiele und probiere damit seit gestern Abend herum und hätte inzwischen schon meinen Basecamp-Account gecancelt, wenn da nicht noch lauter Projekte drauf wären, die ich für andere hoste.
Also, Highrise ist ein einfach gestalteter Kontaktmanager. Zu jedem Kontakt, den ich einfüge kann ich neben den Kontaktdaten Notizen, Dateien und Aufgaben hinzufügen. So habe ich immer im Überblick, was gerade der Stand mit diesem Kontakt ist. Dazu kann ich weitere Leute mit reinholen, die dann ebenfalls Zugriff auf die Kontakte haben und die Notizen und Aufgaben einsehen können (natürlich lässt sich genau steuern, wer was sehen und verändern darf).
Mit den Aufgaben kann man planen, was als nächstes zu tun ist. Sehr cool ist dabei die flexible Anwendung der Fälligkeit. Ich kann grob nächste Woche sagen oder einen sehr spezifischen Termin festlegen, wenn ich will. Ich kann auch anderen eine Aufgabe zuteilen.
Extrem cool ist die Integration von E-Mail in das System. Wie bei den meisten anderen 37signals-Produkten auch werden E-Mail-Adressen generiert, an die man seine Korrespondenz mit einem Kontakt weiterleiten kann. Die Mails werden dann automatisch in Highrise integriert. Wenn ich also einem Kontakt eine Mail schreibe, füge ich die spezielle E-Mail-Adresse im BCC-Feld ein. Dadurch erscheint die Mail nach dem Absenden direkt in Highrise mit dem entsprechenden Kontakt verknüpft. Man kann die E-Mail-Adresse sogar so erweitern, dass die E-Mail nicht nur dem entsprechenden Kontakt zugeordnet wird, sondern dass daraus auch gleich eine Aufgabe generiert wird. Antwortet mir ein Kontakt z.B. per E-Mail mit einer Bitte um mehr Informationen kann ich die E-Mail an Highrise weiterleiten und automatisch eine Aufgabe erstellen lassen, die mich daran erinnert, dem Kontakt bis nächste Woche die gewünschten Informationen zu schicken.
Cases sind eine weitere, hilfreiche Funktion, um zusammengehörende Dinge auf einen Blick zu erfassen. In Cases kann man Notizen, Dateien, Mails und Personen zusammenbringen, die z.B. zusammen an einer Kampagne arbeiten.
Kleiner Wehmutsfaktor ist derzeit noch die Preisgestaltung. Die ist nicht nur 37siganls-gemäß hoch, sondern scheint auch noch nicht wirklich passend für die verschiedenen Stufen des Einsatzes. So verzichte ich als Einzelperson gerne auf eine zweite Person für meinen Account hätte aber gerne ein paar mehr mögliche Kontakte als 25. Bleibt zu hoffen, dass Jason Fried & Co das zügig anpassen.
So, in der Theorie klingt das alles sehr, sehr cool und extrem hilfreich. Nun muss sich das Ding auch in der Praxis beweisen. Schaun ma mal.
Update: Probiere gerade mit meinen Visionary-Tree-Jungs Highrise aus und dabei fiel uns auf, dass es bei Highrise super funktioniert, wenn man sich als Gruppe/Netzwerk ein Paket holt und man dann es sowohl für die gemeinsamen als auch für die persönlichen Projekte nutzt. Die Rechtevergabe macht es möglich, dass ich Kontakte hinzufügen kann, die niemand sonst sehen kann. Da meine Kontakte in der Regel nie mit dem System in Berührung kommen ist auch das Branding sowie die Sprache völlig egal, was bei Basecamp immer noch ein Problem war. Und so kann man sich z.B. zu fünft ein 49$ Paket leisten, jeder zahlt nur 10$ und man hat trotzdem Cases und SSL. Nice!
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