Zukünfte verstehen und gestalten

Karlsruhe – DIY Kultur, Kunst und Style


Neulich irgendwo bei nem Typen gelesen, wie scheiße er Karlsruhe findet. Konnte die Aussage irgendwie nachvollziehen. Wurde ja im letzten Jahr gut von Berlin verführt und hab doch hin und wieder mal mit dem Gedanken gespielt, wie es wäre dort zu leben. Günstige Lebensbedingungen, ohne Ende Zeug am Start, verdammt viel kreative Lebenseinstellung etc. Karlsruhe fühlt sich für mich häufig wie das genaue Gegenteil an.

Ich hab ihm dann folgendes geantwortet:

Ich kann deine Abneigung gegen Karlsruhe gut verstehen. Ich bin selbst vor knapp zwei Jahren hergezogen und konnte mich mit der Stadt bisher nie wirklich anfreunden. Zu konservativ, zu bürgerlich, zu intolerant und zu unkreativ. Konnte mir bisher kaum vorstellen, dass ich mich hier je wohlfühlen könnte. Also stand ich vor der Entscheidung dahin zu ziehen, wo was geht und mich ins gemachte Nest zu setzen oder hier bei meinen Leuten bleiben und gemeinsam selbst was aufbauen. Ich finde den DIY-Ansatz* viel spannender, deswegen blieb ich und bin Teil des Kollektivs geworden, das unter anderem das NUN gestartet hat. Meine These ist halt, dass wenn es einer Stadt an Kultur fehlt, dann gib ihr Kultur. Wenn einer Stadt an Style fehlt, dann gib ihr Style. Wenn eine Stadt in Bürgerlichkeit versinkt, dann gib ihr Dinge, die sie hinterfragt. Ich kann über eine Stadt meckern, motzen und maulen. Oder ich kann anfangen, mein eigenes Ding zu machen und nen Fick darauf geben, was andere dazu sagen. Das ist meine Idee hinter dem NUN.

Ist schon spannend zu sehen, was passiert, wenn man einfach mal macht. War z.B. ziemlich beeindruckt, wieviele Leute gestern zum Kurzfilmabend im NUN aufgetaucht sind. Manchmal habe ich den Eindruck, dass es in Karlsruhe ohne Ende derbe Leute hat, die irgendwie darauf warten, dass irgendwer „Los“ sagt.

Ich frage mich das echt immer wieder: Wieviel Einfluss kann man nehmen, um eine Stadt kultur-/stylemäßig voranzubringen? Kann man als Kollektiv soviel Momentum erzeugen, dass andere angesteckt werden? Was ist das Maß an Inspiration, das es braucht, um andere dazu zu bewegen, den Arsch hochzukriegen und was eigenes anzufangen? Inwiefern hat man als Gruppe Möglichkeit, die emergenten Prozesse einer Stadt oder eines Viertels zu fördern?

Wenn ich mir z.B. Fecal Face ansehe, die als Onlinemagazin die Kunstszene in San Franzisko begleiten, will ich sofort das gleiche für Karlsruhe machen. Nur frage ich mich dann, mit was man das denn bitte füllen soll und lass es dann. Aber vielleicht ist das die falsche Denkweise. Vielleicht braucht es gerade so ein Magazin, um urbane Kunst erst in die Köpfe zu bringen. Kann sein, dass man mit dem Magazin für Karlsruhe nur mit zwei Artikeln starten kann**. Aber was, wenn einer die Artikel liest, inspiriert wird und plötzlich selbst den Pinsel in die Hand nimmt, dann der nächste Artikel über ihn geschrieben wird, den liest wieder jemand usw.
Find’s schon spannend zu sehen, was z.B. mit Streetart in Karlsruhe geht. Als ich hierher zog, gab’s praktisch gar nichts. Inzwischen macht es richtig Spaß durch die Straßen zu gehen und überall Zeug zu entdecken. Einer hat angefangen, andere haben’s gesehen, waren inspiriert und haben angefangen eigenes Zeug zu machen.

Berlin hat seinen Reiz, ohne Zweifel. Aber ich find’s spannender mich nicht ins gemachte Nest zu legen, sondern mein Nest selbst zu bauen, insbesondere wenn ich dadurch den allgemeinen Nestbau in meinem Umfeld mitprägen kann (um das Bild mal völlig zu überziehen).

Um es mit Jan Delays auszudrücken:

Als Kartoffel
Da sollte man in ner Stadt leben
Weil hier die Zutaten sind, die einem Geschmack geben
[…]
Gib mir: Gutes Radio, gutes Fernsehen, gute Mode,
Gutes Essen, gute Clubs
Und ein paar fähige Idole
Gib mir das alles, Digger
Und wir könnten wetten:
In 20 Jahren mach ich dir aus Bielefeld Manhatten

„Mercedes Dance“ (Jan Delay)

Nachdem ich das oben geschriebene noch mal durchgelesen habe fällt mir auf, dass es mir gar nicht so auf die Kunstwerke selbst ankommt, sondern vielmehr auf ein Umfeld von entspannten, kreativen, freundlichen, inspirierenden, nachdenklichen Leuten, mit denen man sein Leben teilt. Ich bin gerade so geflasht von all den Leuten, die wir über’s NUN kennenlernen. Ich liebe es mit denen nen Kaffee zu trinken und dabei immer häufiger „Lass uns doch…“ oder „Man müsste mal…“ zu hören. So fängt’s an…

Nachtrag: Nur damit das hier niemand in den falschen Hals bekommt. Es ist nicht so als würde in Karlsruhe gar nichts gehen. ZKM und HfG sind nicht die einzigen, die dafür sorgen, dass beständig mehr geht 😉

* DIY = Do it yourself
** Übertreibung zwecks Dramatik

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0 Antworten zu “Karlsruhe – DIY Kultur, Kunst und Style”

  1. Ich glaube, so wie dir geht es vielen Leuten in Karlsruhe. Ich schaue oft auch sehnsüchtig in andere Städte. Wenn ich von Freunden höre was in Berlin, München usw. los ist, was für Szenen es dort gibt… Aber andererseits, sehe ich dann auch immer wieder, dass es in Karlsruhe sehr viel Potenzial gibt; Wie du schon gesagt hast: man muss den Stein erst noch ins Rollen bringen. Initiativen wie das NUN und die Art und Weise wie es angenommen wird, helfen dabei sehr viel. Weiter so!

  2. Ich glaube, so wie dir geht es vielen Leuten in Karlsruhe. Ich schaue oft auch sehnsüchtig in andere Städte. Wenn ich von Freunden höre was in Berlin, München usw. los ist, was für Szenen es dort gibt… Aber andererseits, sehe ich dann auch immer wieder, dass es in Karlsruhe sehr viel Potenzial gibt; Wie du schon gesagt hast: man muss den Stein erst noch ins Rollen bringen. Initiativen wie das NUN und die Art und Weise wie es angenommen wird, helfen dabei sehr viel. Weiter so!

  3. Hö – Ok .. Es ist 5:30Uhr am morgen.

    Vor ca. 2 Stunden bin ich über den PlanetKarlsruhe (und darauf über WebMonday Karlsruhe) auf den NUN-Blog gekommen und seh auf einen Foto das stylische Bild hinten an der Wand. Gefällt mir der Style denk ich, mal Inkscape auspacken, und bissl in dem Style was ausprobieren.

    Während die ersten Shapes schon gezeichnet fang ich ein nebenbei ein wenig an nach „StreetArt Karlsruhe“ zu googlen (nachdem ich zuvor die Wikipedia erfolglos abgesucht hab) und komm von dort auf die nette Flickr-Galerie von bft39 (http://www.flickr.com/photos/30732965@N00/sets/72157594191069424/) und eben auf diesen Blog-Eintrag hier.

    Manchmal ist es schon faszinierend, wie man sich im Kreis drehen kann 🙂

    Zum Thema: Ich hab selbst 12 Jahre in Berlin gewohnt, bin dort aufgewachsen und vor ca. 7 Jahren nach Karlsruhe gezogen. Mittlerweile bin ich echt froh hier gelandet zu sein. Das Wetter, die Leute, das Bier .. das hat hier schon was eigenes für sich. Vielleicht sind die meisten Leute aus Karlsruhe auch einfach mit dem zufrieden was Sie haben? 🙂

    Zum Thema StreetArt: Hier war ne kurze Zeit (1 Jahr?) ‚Che‘ sehr viel am Bomben, seit 2 Jahren nichts neueres mehr neues gesehen von Ihn. Der Rest ist, sag ich jetzt einfach mal, Kinderkacke, was Graffiti (malern mit Dosen und Stift) betrifft.

    Aber: Da es hier soviel Polizei/qm² gibt wie in keiner anderen deutschen Stadt, ist die Gefahr gebusted zu werden natürlich um einiges höher. Ok, es gibt die Freewalls an der Alb, da gibt dann aber auch feinste Kunstwerke zu bestaunen.

    Wegen der Polizei finde ich die Sache mit den Paste-Ups die kreativste Lösung. Rechtlich bewegt man sich damit im Grau-Gebiet und ich persöhnlich mag auch eher ein nettes, kreatives Sticker (Bambi, Bombe, Wecker & Co =]) sehen, als ein Full-Size Bombing in Silver/Schwarz. Also wer auch immer da hinter steht: Nice work, weiter so! 🙂

    Und meiner einer sollte wohl mal nen Abstecher ins NUN machen 😉

    greetz /dfl

  4. Hö – Ok .. Es ist 5:30Uhr am morgen.

    Vor ca. 2 Stunden bin ich über den PlanetKarlsruhe (und darauf über WebMonday Karlsruhe) auf den NUN-Blog gekommen und seh auf einen Foto das stylische Bild hinten an der Wand. Gefällt mir der Style denk ich, mal Inkscape auspacken, und bissl in dem Style was ausprobieren.

    Während die ersten Shapes schon gezeichnet fang ich ein nebenbei ein wenig an nach „StreetArt Karlsruhe“ zu googlen (nachdem ich zuvor die Wikipedia erfolglos abgesucht hab) und komm von dort auf die nette Flickr-Galerie von bft39 (http://www.flickr.com/photos/30732965@N00/sets/72157594191069424/) und eben auf diesen Blog-Eintrag hier.

    Manchmal ist es schon faszinierend, wie man sich im Kreis drehen kann 🙂

    Zum Thema: Ich hab selbst 12 Jahre in Berlin gewohnt, bin dort aufgewachsen und vor ca. 7 Jahren nach Karlsruhe gezogen. Mittlerweile bin ich echt froh hier gelandet zu sein. Das Wetter, die Leute, das Bier .. das hat hier schon was eigenes für sich. Vielleicht sind die meisten Leute aus Karlsruhe auch einfach mit dem zufrieden was Sie haben? 🙂

    Zum Thema StreetArt: Hier war ne kurze Zeit (1 Jahr?) ‚Che‘ sehr viel am Bomben, seit 2 Jahren nichts neueres mehr neues gesehen von Ihn. Der Rest ist, sag ich jetzt einfach mal, Kinderkacke, was Graffiti (malern mit Dosen und Stift) betrifft.

    Aber: Da es hier soviel Polizei/qm² gibt wie in keiner anderen deutschen Stadt, ist die Gefahr gebusted zu werden natürlich um einiges höher. Ok, es gibt die Freewalls an der Alb, da gibt dann aber auch feinste Kunstwerke zu bestaunen.

    Wegen der Polizei finde ich die Sache mit den Paste-Ups die kreativste Lösung. Rechtlich bewegt man sich damit im Grau-Gebiet und ich persöhnlich mag auch eher ein nettes, kreatives Sticker (Bambi, Bombe, Wecker & Co =]) sehen, als ein Full-Size Bombing in Silver/Schwarz. Also wer auch immer da hinter steht: Nice work, weiter so! 🙂

    Und meiner einer sollte wohl mal nen Abstecher ins NUN machen 😉

    greetz /dfl

  5. Ist schön, so was zu lesen. Mir gehts ähnlich mit dieser Stadt. Seitdem ich vor nem guten Jahr hier her gezogen bin, gab es oft genug Momente, in denen mir Karlsruhe so trocken, glatt und einfallslos vorkam, dass ich am liebsten sofort wieder abgehauen wäre.

    Egal, mittlerweile ist es nicht mehr so, und ich wollte nur mal sagen, dass ich mich z.B. rießig gefreut habe, als ich damals von der Eröffnung des NUN erfahren habe. Ist wirklich beeindruckend, was da von ein paar motivierten Leuten auf die Beine gestellt wurde.

  6. Ist schön, so was zu lesen. Mir gehts ähnlich mit dieser Stadt. Seitdem ich vor nem guten Jahr hier her gezogen bin, gab es oft genug Momente, in denen mir Karlsruhe so trocken, glatt und einfallslos vorkam, dass ich am liebsten sofort wieder abgehauen wäre.

    Egal, mittlerweile ist es nicht mehr so, und ich wollte nur mal sagen, dass ich mich z.B. rießig gefreut habe, als ich damals von der Eröffnung des NUN erfahren habe. Ist wirklich beeindruckend, was da von ein paar motivierten Leuten auf die Beine gestellt wurde.

  7. Es freut mich ebenfalls sowas zu lesen! Es bestätigt mich nämlich sehr darin, weiterhin für diese Stadt Initiative zu zeigen und was auf die Beine zu stellen. Vor fast einem Jahr haben wir das CORNER MAGAZIN ins Leben gerufen und haben seither erfreut festgestellt, dass es hier sehr viele Künstler gibt, die auf sowas gewartet haben und die es Wert sind über sie zu berichten. Denn nur da, wo Kreativität gelebt wird, findet sie auch Gehör und kann der Inspiration für andere dienen. Deshalb gilt es Kreativität zu fördern, damit sie möglichst viele Menschen erreicht und motiviert, ebenfalls etwas zu schaffen. Das ist zumindest meine Motivation dies zu tun!

    Info zum CORNER Magazin gibt es hier: http://www.cornermagazin.de oder http://www.myspace.com/cornermagazin

  8. Es freut mich ebenfalls sowas zu lesen! Es bestätigt mich nämlich sehr darin, weiterhin für diese Stadt Initiative zu zeigen und was auf die Beine zu stellen. Vor fast einem Jahr haben wir das CORNER MAGAZIN ins Leben gerufen und haben seither erfreut festgestellt, dass es hier sehr viele Künstler gibt, die auf sowas gewartet haben und die es Wert sind über sie zu berichten. Denn nur da, wo Kreativität gelebt wird, findet sie auch Gehör und kann der Inspiration für andere dienen. Deshalb gilt es Kreativität zu fördern, damit sie möglichst viele Menschen erreicht und motiviert, ebenfalls etwas zu schaffen. Das ist zumindest meine Motivation dies zu tun!

    Info zum CORNER Magazin gibt es hier: http://www.cornermagazin.de oder http://www.myspace.com/cornermagazin

  9. @ dfl

    CHE ist eine crew und part der 243er$ zu der auch SLK, EC, DMS & LCF gehören somit siehst du immer etwas von dehnen ^^…und man kann ja wohl nicht KA mit berlin vergleichen berlin is ne weltstadt und sooooo big das da mehr geht is ja wohl völlig klar!!

    also KARLSRULEZ 243er$

  10. @ dfl

    CHE ist eine crew und part der 243er$ zu der auch SLK, EC, DMS & LCF gehören somit siehst du immer etwas von dehnen ^^…und man kann ja wohl nicht KA mit berlin vergleichen berlin is ne weltstadt und sooooo big das da mehr geht is ja wohl völlig klar!!

    also KARLSRULEZ 243er$

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