Zukünfte verstehen und gestalten

Einleitung


Diese Diplomarbeit beschäftigt sich mit zwei großen Themen: Zum einen die Problematik einer effizienten Wissensarbeit in Unternehmen, zum anderen der Wandel im Internet zu benutzerzentrierten Systemen. Beide Themen werden definiert und ausführlich vorgestellt. Der Kern dieser Arbeit liegt in der Zusammenführung der beiden Themen. Es soll herausgefunden werden, ob die neuen Dienste im Web den Herausforderungen in der Wissensarbeit dienen können. Die aufgestellten Thesen werden anhand eines praktischen Beispiels geprüft.

Große Themen handhabbar machen, Grenzen zwischen Disziplinen überschreiten, komplexe Sachverhalte verständlich darstellen, in Prozessen denken, den Fokus auf den Benutzer und das System im Zusammenhang legen, auf Benutzbarkeit achten – all das sind typische Eigenschaften eines Media System Designers, aus dessen Sicht diese Diplomarbeit geschrieben wurde. Das Augenmerk liegt dabei auf den übergeordneten Zusammenhängen. Wie kann die Wissensarbeit von Social Software profitieren? Welche Prozesse sind in einem Unternehmen notwendig, um Wissensarbeit zu ermöglichen? Wie können Systeme den Wissensarbeiter bei seiner Tätigkeit unterstützen? Dies sind die Kernfragen in der vorliegenden Arbeit.

Diese Diplomarbeit richtet sich an Interessierte aus Forschung und Wirtschaft, die die Potenziale der Wissensarbeit in ihrer Organisation mit Hilfe von Social-Software-Werkzeugen ausschöpfen möchten.

Der erste Abschnitt beschäftigt sich mit dem Thema: Wissensarbeit im Unternehmen. Dazu wird Wissen zunächst definiert und als wichtigster Produktionsfaktor vorgestellt, bevor mit der Beschreibung der Wissensgesellschaft ein Gesamtzusammenhang geschaffen wird. Wie wichtig Wissen für die Unternehmen ist, wird anhand des Wissensarbeiters aufgezeigt, der als Zielgruppe im Mittelpunkt der Betrachtung steht. Die Tätigkeit eines Wissensarbeiters teilt sich grob in die Bereiche Wissenskommunikation und Wissensdokumentation. Wissenskommunikation ist für einen Wissensarbeiter essentiell. Wissensnetzwerke bieten dabei die Infrastruktur in Unternehmen, auf der der Wissensarbeiter mit anderen kommunizieren und Wissen austauschen kann. Communities setzen Wissensnetzwerken um. Es werden konkrete Anforderungen und Schritte zur Implementierung eines Wissensnetzwerkes dargestellt. Wissensdokumentation oder Wissensmanagement war in den vergangenen Jahren ein viel diskutiertes Thema. Dabei ging es vor allem um die Umwandlung von implizitem in explizites Wissen, das von anderen verwendet werden soll. Der Prozess einer Implementierung von Wissensmanagement in einem Unternehmen wird dazu genauer beleuchtet. Es wird gezeigt, wie verschiedene Software-Konzepte versuchen, die Herausforderungen im Wissensmanagement zu lösen. Abschließend werden die aktuellen Probleme in der Wissensarbeit beleuchtet, die sich oftmals daraus ergeben, dass der Fokus auf der Software liegt und dass Wissen sich nicht ohne Weiteres vom Träger lösen lässt.

Der zweite Abschnitt stellt die grundlegenden Veränderungen im Internet vor. Dabei bezieht er sich auf die aktuellen Entwicklungen, die im Herbst 2005 für großes Interesse in der IT-Wirtschaft und den Medien sorgten. Das vage Schlagwort Web 2.0 wird mit einer Definition und Darstellung der zugrundeliegenden Prinzipien und Geschäftsmodelle gefüllt und durch die verschiedenen Faktoren eines offenen Webs, die zum richtigen Zeitpunkt zusammen gekommen sind, ergänzt. Begrifflichkeiten wie freie Software, offene Lizenzen, offene Programmierschnittstellen und neue Zugänge zu Inhalten im Web haben die neue Generation von Web-Applikationen maßgeblich beeinflusst, welche nun unter dem Schlagwort Social Software die kollektive Intelligenz ihrer Anwender nutzen, um soziale Netzwerke zu knüpfen und Kommunikation und Kollaboration zu verbessern. Weiterhin wird ein intensiverer Blick auf Weblogs als persönliche Kommunikations- und Veröffentlichungsdienste geworfen. Sie werden sowohl unter technischen als auch sozialen Aspekten betrachtet und im Zusammenhang mit Unternehmen dargestellt. Als zweite Social Software werden Wikis behandelt, die ihren Benutzern vor allem helfen, kollektiv an Dokumenten und Inhalten zu arbeiten. Die Anwendung und die Funktionsweise wird dabei am Beispiel der freien Enzyklopädie Wikipedia erklärt. Zum Abschluss dieses Abschnitts werden weitere Anwendungen aus dem Bereich Social Software vorgestellt, die die Nutzung des Internets geprägt haben.

Im dritten Abschnitt werden die Erkenntnisse aus der Betrachtung von Social Software mit der Wissensarbeit in Zusammenhang gebracht. Konkret werden Weblogs in Form von Knowledge Blogs als unterstützendes Werkzeug sowohl für die persönliche als auch für die Gruppenkommunikation von Wissensarbeitern definiert und Anwendungsbeispiele gegeben. So können Gruppenblogs die Arbeit der im ersten Abschnitt vorgestellten Communities unterstützen. Zur Wissensdokumentation werden Wikis als Systeme zum kollaborativen Aufbau einer Wissensbasis dargestellt, die ihren Benutzern extrem viel Freiheit in der Anwendung lassen. Die Kombination von Weblog und Wiki stellt damit ein komplettes System für die Wissensarbeit dar, das sich ergänzt und die Schwächen des jeweils anderen Systems ausgleicht. Die Thesen werden durch ein Systembeispiel und ein Beispiel der Anwendung in der persönlichen Wissensarbeit unterstützt.

Der vierte Abschnitt unterstützt ebenfalls die Kernthesen aus dem vorhergehende Abschnitt und zeigt anhand der Realisierung eines Systems auf der Basis von Weblog und Wiki für das Fraunhofer NOC in Karlsruhe, wie eine praktische Umsetzung in einem Unternehmen und in diesem Fall speziell in der Forschung aussehen kann. In dem Abschnitt wird gezeigt, welche Anforderungen an eine Implementierung gestellt werden und welche Erfolgsfaktoren eine Rolle spielen. Bei der Realisierung wurden zunächst die Mitarbeiter des NOCs ausführlich zu ihrer Arbeit befragt. Die Ergebnisse dieser Befragung wurden zur Grundlage für die Entwicklung des Systems, welches in drei Phasen eingeführt wurde. In der ersten Phase wurden die Mitarbeiter im Umgang mit Feeds geschult. In der zweiten Phase wurde ein Weblog auf der Basis der Software WordPress aufgesetzt und angepasst. In der dritten Phase erfolgte die Ergänzung des Weblog durch ein Wiki. Die Umsetzung hat dabei gezeigt, dass die Implementierung von Wissensmanagement und Werkzeuge zur Unterstützung von Wissensarbeit ein langer Prozess ist, dessen Erfolg vor allem von der Unternehmenskultur und der Motivation der Mitarbeiter abhängt.