Johannes Kleske

Zukünfte verstehen und gestalten

T-Mobile und das iPhone – Verkackt

Das Verhalten von T-Mobile beim Thema iPhone zeigt die Probleme der Marke und des Unternehmens in Zeiten von lauter werdenden Kunden.

„Alles ok, aber ich will nicht zu T-Mobile“

Als im Herbst des letzten Jahres das iPhone für Deutschland angekündigt wurde, ging ich davon aus, dass den meisten wohl die Tarife zu teuer wären. Umso überraschter war ich, dass ich aus meinem Umfeld am häufigsten folgendes Statement hörte:

Das iPhone hätte ich sehr, sehr gerne. Ich würde sogar die teuren Tarife in Kauf nehmen. Aber ich will auf keinen Fall zu T-Mobile.

Stattdessen haben sich viele lieber ein gehacktes iPhone aus den USA mitbringen lassen. Im Endeffekt bedeutet das, dass die meisten lieber den Stress mit einem abstützenden und schwer zu updatenden, gehackten iPhone in Kauf nehmen, als Kunde von T-Mobile zu werden…

Die Marke T-Mobile

Ich war mir nicht bewusst, was für ein massives Imageproblem T-Mobile tatsächlich hat. Und interessanterweise lässt sich dieses Problem kaum an bestimmten Umständen fest machen. T-Mobile hat mit das beste Handynetz in Deutschland. Natürlich ist T-Mobile kein Discounter und bietet damit nicht die günstigsten Tarife. Sie sind aber auch weitweg von unbezahlbar. Klar, der Service lässt häufig zu wünschen übrig, aber das ist bei allen anderen Mobilfunkanbietern nicht anders.

Nein, es scheint tatsächlich so, dass T-Mobile ein massives Reputationsproblem hat. Wohl dank der großen Mutter, der Telekom, ist die Marke T-Mobile für viele sehr negativ aufgeladen. Die Identifikation mit ihr ist gleich null und man meidet sie, wo man kann.

Rettung durch das iPhone?

Mit der exklusiven Partnerschaft mit Apple für den Vertrieb des iPhones in Deutschland, so hatte man bei T-Mobile im letzten Herbst wohl gehofft, würde man sich etwas von der extrem positiven Aufladung der Marke Apple in die eigene Marke holen.

Aber das ging gründlich schief. T-Mobile hat die Chance direkt verspielt und die Tarife so teuer gemacht, dass sie vor allem für die jüngere, Apple-affine Zielgruppe oberhalb der Schmerzgrenze waren. Und gerade diese Zielgruppe ist wichtig, wenn man Gerät und Marke zum Hype machen will (siehe iPod).

T-Mobile hatte es leider verpasst, von Apple nicht nur das iPhone sondern auch die Marken-DNA von brutaler Einfachheit und Verständlichkeit zu übernehmen. So verärgerten sie von Anfang an die neue Zielgruppe der Apple-Fans durch unverständliche Klauseln und vertrackte Verträge. Statt durch einen Paradigmenwechsel im Mobilfunkmarkt mit einfachen Verträgen und Transparenz die Apple-Fans als begeisterte Kunden-Evangelisten hinter sich zu scharen, hat man sie sich von der ersten Minute an zu Feinden gemacht. Und so war für die wenigen iPhone-Käufer der ersten Stunde in Deutschland T-Mobile mehr das notwendige Übel für ein iPhone als die erfrischte, coole Marke, zu der sie einen Bezug hatten.

Die Frage ist, ob diese verpasste Chance ein einfacher Fehler war oder ob T-Mobile grundsätzlich nicht in der Lage ist, neue Wege im Mobilfunkmarkt zu gehen. Hier deutet sich schon an, dass die Wahrnehmung der Marke T-Mobile gar nicht so weit von dem tatsächlichen Unternehmen T-Mobile entfernt ist. Ob nur eine Chance verpasst wurde oder ob die Unfähigkeit zum Wandel in den Köpfen der T-Mobile-Entscheider sitzt, lässt sich am besten bei einer zweiten Chance sehen.

Das iPhone 3G – Eine neue Chance

Diese neue Chance hat T-Mobile vor ein paar Wochen mit dem neuen iPhone 3G bekommen. Inzwischen hatte man iPhones auch subventioniert angeboten und einen neuen, günstigeren aber dafür noch verkrüppelteren Tarif angeboten. Aber auch das sorgte nicht für Begeisterungsstürme bei den Kunden, was erneut zeigt, dass die Kosten hier das kleinere Problem sind.

Nachdem Steve Jobs das iPhone 3G mit UMTS und GPS vorgestellt hat, waren der Enthusiasmus bei den Apple-Fans groß. Viele hatten auf ein iPhone mit UMTS gewartet, nun war es angekündigt und sollte auch noch weniger kosten. Die Kaufbereitschaft stieg ungemein. Aber statt auf diesen Zug der Begeisterung aufzuspringen und ihn mit guten Angeboten anzuheizen regte T-Mobile sich erstmal gar nicht. Alle Medien berichteten ausführlich über das neue iPhone, aber niemand konnte etwas dazu schreiben, zu welchen Kosten es in Deutschland zu bekommen sein würde. Irgendwann kam dann die Pressemeldung von T-Mobile. Ja, man werde das iPhone 3G in Deutschland vertreiben. Das war alles und damit nichts, was man nicht schon vorher wusste.

Irgendwann fingen dann die Tarifdetails an, Stück für Stück durchzusickern. Und mit jeder weiteren Information wurde klar, dass T-Mobile auch die zweite Chance verpasst hatte. Zwar ist das iPhone je nach Tarif relativ günstig zu bekommen. Aber die Tarife sind weder günstiger noch einfacher geworden. Hier wäre die Chance gewesen, die Volumen (Minuten, SMS, etc.) ordentlich aufzustocken und so deutlich attraktiver zu machen.

T-Mobile und die Early Adopter

Um eine zweite verpasste Chance ist es schade. Aber dann leistete sich T-Mobile einen richtigen Faux Pas. Die Early Adopter, also diejenigen, die als erstes ein neues Gerät oder eine neue Technologie ausprobieren, sind essentiell für den Start eines neuen Produkts. Wenn die große Masse noch kritisch ist, sind sie es, die das Produkt in ihrem Umfeld einführen und Aufmerksamkeit kreieren. Deswegen gilt es für jeden Hersteller, sich mit den Early Adoptern gut zu stellen. O2 hat das im Bezug auf das iPhone in England genau richtig gemacht. Dort bietet man Besitzern der ersten iPhone-Generation die einfach Möglichkeit an, das iPhone 3G zum normalen Preis zu kaufen und dabei ihren bestehenden Vertrag um die dort übliche Vertragslaufzeit zu verlängern.

In Deutschland hofften die iPhone-Besitzer auf ein ähnlich kulantes Angebot von T-Mobile. Aber auch hier schwieg sich T-Mobile für eine lange Zeit komplett aus. Ich weiß gar nicht, wie oft ich gefragt wurde, ob ich mir das neue iPhone kaufen würde. Und jedes mal musste ich antworten „Das kommt darauf an, wie die Konditionen für mich sind.“ Mit einem frühzeitigen, attraktiven Angebot hätte ich jedes mal „Ja, auf jeden Fall. Das Ding ist der Hammer und die Konditionen von T-Mobile sind top.“ sagen können.

Ein „attraktives Angebot“

Als dann die Upgrade-Konditionen für iPhone-Besitzer bekannt gegeben wurden, war das „attraktive Angebot“ wie ein Schlag ins Gesicht der Early Adopter. Man konnte genauso wie in England das neue iPhone zum normalen Preis kaufen und dabei seinen Vertrag um zwei Jahre verlängern. Allerdings muss man für jeden Monat Restlaufzeit des alten Vertrags 15 € zahlen.

Wenn ich, der das iPhone am ersten Verkaufstag im November 2007 gekauft hat, mit meinem Complete-M-Vertrag (50€ im Monat) auf das neue iPhone 3G updaten will, muss ich 60€ für das iPhone und 240€ für die verbleibende Restlaufzeit bezahlen. Deswegen werden ich nicht upgraden. UMTS und GPS, die neuen Features im iPhone 3G, sind mir einfach keine 300€ wert. Der größte Hohn bei dieser Aktion ist, dass es auch vorher bei T-Mobile schon die Möglichkeit gab, seinen Vertrag bei T-Mobile zu Verlängern. Nur zahlte man dann 10€ Ablöse pro Monat. Aber Mac-User haben‘s ja…

Natürlich ist diese Möglichkeit, aus seinem Vertrag frühzeitig auszusteigen und ihn zu verlängern, bisher einmalig in Deutschland, soweit ich weiß. Aber in diesem Fall wäre es wohl schlauer gewesen, wenn T-Mobile auf eine Upgrade-Option verzichtet hätte als erst ein „attraktives Angebot“ anzukündigen und dann die Kunden so vor den Kopf zu stoßen.

Es gibt noch eine Alternative. iPhone-Besitzer können ihr altes iPhone jemand anderem vermachen. Derjenige schließt dann wiederum einen iPhone-Vertrag mit T-Mobile ab und bekommt als Bonus noch eine 100€-Gutschrift, die er für Extra-Minuten, -SMS und Roaming einlösen kann. Der ursprüngliche iPhone-Besitzer kann dann ohne die Ablösegebühr das neue iPhone erwerben. Auch dieses Angebot zeigt das Denken in den Köpfen der T-Mobile-Manager. Denn kaum jemand wird sein altes iPhone, das er für 400€ gekauft hat, nach 9 Monaten an jemanden verschenken. Aber das muss er quasi, weil man ja bereits für 1€ ein neues iPhone 3G mit einem der höheren Verträge bekommt. Dieses Angebot macht also nur in einem Bruchteil der Fälle für die Kunden Sinn.

Fazit

Nach dieser Betrachtung kommt man unweigerlich zu dem Fazit, dass die negative Aufladung der Marke T-Mobile mehr als verständlich ist. Wer sich anschaut, wie T-Mobile mit seinen Kunden kommuniziert und umgeht, wird sich nicht wundern, dass die meisten einen hohen Bogen um die Marke machen und die alten und neuen Kunden das Unternehmen zähneknirschend als notwendiges Übel ertragen.

Die T-Mobile-Manager wirken gegenüber den Wünschen und Bedürfnissen der Kunden völlig hilflos und unsensibel. Die Welle der erbosten Konversation ihrer Kunden in Blogs und Foren rollt auf sie zu und sie wissen nicht, wie ihnen geschieht. Die Frage ist, ob Unternehmen wie T-Mobile in der Lage sind, den Paradigmen-Wechsel in ihren Köpfen hinzubekommen. Scheint eher unwahrscheinlich…

Randbemerkung: Eigentlich wollte ich in diesem Artikel beschreiben, wie T-Mobile die Einführung des iPhone 3G mit der Hilfe von Social Media hätte besser machen können. Aber die herleitenden Ausführungen sind beim schreiben mal wieder länger als gedacht geworden. Deswegen gibt‘s die Überlegungen zu T-Mobile und Social Media in den nächsten Tagen nachgereicht.


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