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Am 4. Dezember 2024 hatte ich die Gelegenheit, bei einem Webinar zum Thema „Marken im Sturm“ mitzuwirken. Gemeinsam mit meinem alten Weggefährten Gerald Hensel von Superspring, Markus Mayr von Storypark und Lars Niggemann von PREVENCY diskutierten wir, wie Unternehmen ihre Markenresilienz in einer zunehmend volatilen Welt stärken können.
Mein Fokus lag dabei auf einem Aspekt, der in Diskussionen um Markenresilienz oft übersehen wird: die Rolle von Zukunftsnarrativen.
Von der Reaktion zur Gestaltung
Zu oft sehen wir Marken, die nur reagieren – auf Shitstorms, auf Kritik, auf orchestrierte Angriffe in sozialen Medien. Diese rein defensive Haltung übersieht jedoch etwas Entscheidendes: Hinter vielen dieser Angriffe stehen Akteure mit sehr konkreten Zukunftsvisionen.
Nehmen wir das Beispiel von Robby Starbuck, der in den USA systematisch Unternehmen wegen ihrer Inklusionskriterien angreift. Er tut dies nicht aus Langeweile oder reiner Zerstörungslust. Er verfolgt eine klare Vision davon, wie die Gesellschaft aussehen soll – und arbeitet aktiv daran, diese Zukunft Realität werden zu lassen.
Wenn Marken solchen Akteuren nur mit Damage Control und schneller Krisenkommunikation begegnen, haben sie bereits verloren. Denn sie kämpfen dann gegen eine Vision mit… nichts.
Die Kraft eigener Zukunftsnarrative
Was Marken stattdessen brauchen, ist ein eigenes, positives Zukunftsnarrativ. Ein konkretes Bild davon, wie die Welt aussehen soll, zu der sie beitragen wollen. Dies gibt nicht nur nach außen Orientierung, sondern schafft vor allem nach innen einen kraftvollen Kompass.
Ein eindrückliches Beispiel dafür erlebte ich in einem Projekt mit der Stadt Karlsruhe. Statt abstrakter Visionsstatements entwickelten wir mit der gesamten Führungsebene inklusive Oberbürgermeister ein detailliertes Bild ihrer idealen Stadt 2030. Dieses gemeinsame Zukunftsbild wurde zu einem internen Kompass – nicht als PR-Tool, sondern als Orientierung für tägliche Entscheidungen und als Motivationsquelle für die Mitarbeitenden.
Meta (ehemals Facebook) demonstrierte einen ähnlichen Ansatz. Statt sich in endlosen Verteidigungsschlachten zu verlieren, setzte Mark Zuckerberg mit seiner Metaverse-Vision ein eigenes Zukunftsnarrativ. Ob man diese Vision teilt oder nicht – sie gab dem Unternehmen die Möglichkeit, proaktiv seine Geschichte zu erzählen statt nur zu reagieren.
Markenresilienz beginnt mit Zukunftsvisionen
„Resiliente Marken schaffen ihr eigenes Zukunftsbild, um eine klare Orientierung zu haben für die Kommunikation. Und das machen sie bitte nicht erst, wenn die Kacke am Dampfen ist, sondern idealerweise auch schon davor.“
Echte Markenresilienz entsteht nicht durch schnellere Reaktionszeiten oder bessere Krisenkommunikation allein. Sie braucht ein Fundament – eine klare Vorstellung davon, wofür die Marke steht und welche Zukunft sie aktiv mitgestalten will.
Diese Zukunftsnarrative müssen dabei konkreter sein als typische Unternehmensvisionen. Es geht nicht um wohlklingende Slogans, sondern um greifbare Bilder: Wie sieht der Alltag in dieser Zukunft aus? Was ist anders? Warum ist es erstrebenswert?
Ein solches Narrativ gibt Marken nicht nur Orientierung in Krisenzeiten. Es schafft vor allem die Energie und Motivation, die es braucht, um auch schwierige Phasen zu überstehen. Denn Menschen – ob Mitarbeitende oder Kunden – engagieren sich eher für eine positive Vision als gegen eine Bedrohung.
Fazit: Markenresilienz braucht mehr als schnelle Reaktion
In einer Zeit zunehmender Polarisierung und gezielter Angriffe auf Marken reicht es nicht mehr, nur „keine Angriffsfläche zu bieten“ oder schnell auf Krisen zu reagieren. Der Schlüssel zu echter Markenresilienz liegt in einem eigenen, positiven Zukunftsnarrativ.
Die gute Nachricht für alle, die ihre Markenresilienz stärken wollen: Anders als bei Krisen haben Marken hier die Gestaltungshoheit. Sie können und sollten aktiv die Zukunftsbilder entwickeln, die sie in die Welt bringen wollen. Nicht als PR-Übung, sondern als echten Kompass für die Organisation.
Denn am Ende gewinnt nicht, wer am schnellsten reagiert – sondern wer die überzeugenderen Geschichten über die Zukunft erzählt.