Meine Begeisterung für die Kaffeehauskultur ist ja alles andere als ein Geheimnis. Deswegen schmerzt es nach wie vor so wenig gute Kaffeehäuser in Deutschland zu finden. Karlsruhe ist da leider keine Ausnahme, nicht zuletzt nachdem das NUN den täglichen Betrieb erstmal eingestellt hat.
Folgende Aspekte machen für mich ein gutes Kaffeehaus aus:
- Ein lokaler Betreiber: Starbucks my ass. Ein Franchise-Unternehmer wird nie sich nie auf die lokale Community mit ihren Wünschen und Eigenheiten einstellen können wie ein lokaler Betreiber, der das Umfeld und seine potentiellen Kunden kennt.
- Ein engagierter Betreiber: Leider spürt man viel zu vielen Cafes ab, dass sie nur einem Zweck dienen: Kohle machen. Der Kunde ist dann eher notwendiges Übel. Ein guter Café-Betreiber dagegen betreibt ein Café in erster Linie, um seinem Drang nach Gastfreundschaft ein Ventil zu geben und mit seiner Leidenschaft Geld zu verdienen. Ein solcher Betreiber interessiert sich für seine Gäste und hat ihr Wohl im Fokus. Dazu gehört auch, dass er seine Bedienstete nach den gleichen Kriterien einstellt. Cafes, in denen ich von einer mürrischen Studentin bedient werde, suche ich in der Regel nur einmal auf.
- Charakter: Ein motivierter Betreiber versteht, dass die Einrichtung seines Cafes massiv zur Atmosphäre beiträgt, weil sie seine Einstellung vermittelt. Ist sie lieblos und günstig zusammen gestellt oder kann man direkt erkennen, dass sich der Betreiber viele Gedanken gemacht hat? Erzählt mir die Einrichtung etwas über den Betreiber? Seine Sicht auf die Welt und das Geschäft? Lädt mich die Einrichtung ein, hier Stunden zu verbringen oder motiviert sie mich eher, meinen Kaffee doch lieber to-go zu nehmen?
- Guter Kaffee: Ein guter Kaffeehaus-Betreiber braucht neben einer sprühenden Gastfreundschaft zwingend eine Leidenschaft für Kaffee. Sonst sollte er sich überlegen, ob nicht eine andere Gastronomie für ihn sinnvoller wäre.
Meine Vision des perfekten Kaffeehauses
Man betritt das Kaffeehaus und die Nase wird sofort vom Kaffeeduft umschmeichelt. Man schließt die Tür und lässt den Blick schweifen. Die Einrichtung ist einfach und gemütlich. Kein liebloser Lounge-Style, aber auch kein verstaubtes Oma-Café. Es gibt Sofas, Sessel, Tische mit Stühlen und Hocker-Plätze an der großen Fensterfront. An den Wänden hängen Werke von lokalen Künstlern. Ein riesiges Bücherregal und ein ausgewähltes Zeitschriftensortiment vermittelt sofort, dass es gern gesehen wird, wenn man länger bleibt. Man nimmt die Musik war, die sich angenehm im Hintergrund hält aber zur positiven Atmosphäre beiträgt. Das Publikum ist bunt gemischt. An der Fensterfront sitzen unsere Freunde aus der Digitalen Bohème an ihren Laptops. Weiter hinten sitzt eine Gruppe Eltern an einem Tisch während ihre Kids die Spielzeuge in der Spielecke daneben zerlegen. Einzelne Leute sitzen an Tischen und in Sesseln und lesen Zeitung, unterhalten sich oder betrachten das Treiben vor der Fensterfront.
Man begibt sich zur Theke und wird von der Betreiberin begrüßt. Der Blick fällt auf die handgeschrieben Angebotstafel. Das Angebot ist umfangreich aber klar ausgewählt. Man fragt nach den verfügbaren Kaffeesorten. Die Betreiberin gibt eine Einführung in die aktuelle Auswahl, fragt nach den Vorlieben und bietet an, ihren aktuellen Lieblingskaffee zu testen. Der schmeckt fantastisch und man bestellt eine große Tasse. Die wird prompt gemahlen, aufgebrüht und mit einem Glas Wasser serviert. Man bezahlt und bekommt mit dem Beleg noch einen kleinen Flyer, der die nächsten Termine für Konzerte, Arbeitsgruppen und sonstige Treffen der nächsten Woche im und um das Café herum enthält.
Mit dem Tablett holt man sich noch ein Magazin und setzt sich an einen freien Tisch. Während man das Magazin durchblättert und den Kaffee genießt, beobachtet man wie immer wieder neue Kunden das Café betreten. Einige scheinen Stammgäste zu sein und werden mit Namen begrüßt. Man tauscht Klatsch und Nachrichten aus. Aber auch Gäste, die wohl das erste Mal da sind, werden genauso herzlich begrüßt wie man selbst. Und selbst bei den mürrisch wirkenden scheint das anzukommen.
Beim verlassen des Cafes fällt der Blick auf eine große Pinnwand neben der Tür, wo alle möglichen Flyer und Zettel von Leuten aus dem Viertel hängen. Ganz oben hängt der Hinweis auf die Webseite des Cafes, wo es noch viel mehr Anzeigen und Informationen geben soll.
Fazit
Ich wünsche mir ein Kaffeehaus, das sich als quasi als Offline-Community-Plattform für sein Umfeld versteht und das in allem widerspiegelt. Und das Kaffee liebt…
Was braucht aus eurer Sicht ein gutes Kaffeehaus? Und welche Kafffeehäuser kennt ihr schon, die das hinbekommen?
Nachtrag: Toller Artikel zum Thema auf zeit.de (via Huck)
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